Oder: Muss ich diese wirklich akzeptieren?
Fast jeder hat sie. Diese eine unüberwindbare Angst. Viele sogar mehrere. Angst vor etwas Neuem. Angst vor dem Scheitern. Angst vor Nähe. Angst, alleine zu sein. Ängste, die irgendwie einschränken aber dennoch unüberwindbar erscheinen. Doch wie entstehen überhaupt Ängste? Und können Ängste bewältigt werden? Oder muss ich mit meiner Angst leben, diese einfach akzeptieren, weil sie zu mir gehört und ein Teil meines Charakters geworden ist?
Von der Entwicklung der Angst
“Furcht besiegt mehr Menschen als alles andere auf der Welt.” Ralph Waldo Emerson
Angst existiert in jedem Menschen, bereits von Geburt an. Denn Angst unterstützt uns Menschen dabei, auf eine bedrohliche Situation zu reagieren. Mit Kampf, Flucht oder tot stellen. Angst hat also durchaus etwas Gutes - es hilft uns, ohne Nachdenken zu handeln und im schlimmsten Fall - zu überleben. Doch es gibt viele Menschen, bei denen weitere Ängste diese natürliche Angst übersteigen. Und es gibt viele Ausprägungen von Ängsten. Ängste, die nicht das Leben bedrohen, sondern das Leben eher zum Bedrohnis machen. Ängste, die nicht angeboren sind, sondern sich während der Kindheit entwickeln, zum Beispiel durch (negative) Erfahrungen. Einschränkend sind Ängste, wenn nicht genügend Gegenkraft wie Mut, Vertrauen, Hoffnung, Glaube oder Liebe entgegengebracht werden kann. Der deutsche Psychologe Fritz Riemann definierte vier Grundformen von Ängsten, die sich während dem Heranwachsen entwickeln und auf welchen weitere Arten von Ängsten basieren.
Angst vor der Hingabe
Bekommt ein Baby in den ersten Wochen nicht genügend Sicherheit und Vertrauen, kann sich eine Angst vor Nähe und Bindung entwickeln. Menschen mit dieser Angst lassen nichts und niemand an sich heran und können sich auch nicht in andere hineinversetzen. Es ist die Angst vor der Hingabe, dem Ich-Verlust oder der Abhängigkeit. In der Psychologie spricht man vom schizoiden Typen.
Angst vor der Selbstwerdung
Wenn das Baby älter wird, merkt es, dass es zwar eine eigene Person, aber von den Erwachsenen abhängig ist. Hier muss das Kind die Sicherheit erlernen, dass es nicht von den Eltern verlassen wird, ist es mal alleine. Die Angst vor der Selbstwerdung umschreibt also die Angst, alleine zu sein und entwickelt sich, wenn sich ein Kind nicht aus der Abhängigkeit der Eltern lösen kann. Dies ist der depressive Charakter, der alles dafür tut, von anderen geliebt zu werden und sich dabei selbst vergisst.
Angst vor Veränderung
In der nächsten Lebensphase begründet sich die Angst vor Veränderung. Zum Beispiel, wenn das Kind durch starke autoritäre Erziehung nicht die Möglichkeit hat, Dinge auszuprobieren und durch eigene Erfahrung zu lernen. Mit dieser Angst kann man Chaos und Veränderung nur schwer aushalten, es ist der zwanghafte Charakter.
Angst vor Notwendigkeit
In der letzten Entwicklungsphase eines Kindes kann die Angst vor Verantwortung entstehen. Hier lernt das Kind, was es heisst, erwachsen zu werden und merkt, dass es sich bewähren muss. In dieser Phase sind Vorbilder wichtig, die ein attraktives Leben vorleben. Ist dies nicht der Fall, entwickelt das Kind einen hysterischen Charakter, der nicht erwachsen werden möchte. Diese Angst verhindert, sich zu binden und Verantwortung zu übernehmen.
Wenn man Ängste mit dem Heranwachsen entwickelt, kann man diese dann zurückentwickeln?
Ängste können sich also also einerseits durch bestimmte Erfahrungen in der Kindheit entwickeln, andererseits aber auch durch (spätere) prägende Erlebnisse. Es gibt somit für jede Angst bestimmte Auslöser. Und zwar solche, die sich tief in das Unterbewusstsein einbrennen und automatisch wieder abgerufen werden. Doch würde das nicht bedeuten, dass eine solche Prägung wieder übersteuert werden kann? Ich hatte oder habe schon jahrelang zwei grosse Ängste. Meine allergrösste Angst ist, vor vielen Menschen zu sprechen. Die Angst vor dem Versagen. Die zweite grosse Angst war: Höhe. Erfolgreich therapiert in Eigenregie. Konfrontation - ich habe mich der Angst einfach gestellt. Denn irgendwann war der Wunsch nach einem Abenteuer in luftiger Höhe im laotischen Dschungel einfach grösser als die Höhenangst. Und dann war das Erlebnis so fantastisch, dass ich alle meine Ängste von selbst vergass. Ich habe also meine Angst in eine positive Erfahrung umgewandelt und dadurch übersteuert. Aber gibt es nur diese Möglichkeit - hart auf hart?
Wie mit der Angst umgehen?
Ängste können auf verschiedene Arten bewältigt werden. In meinem Fall war es die Konfrontation. Doch was könnte helfen bei meiner Angst, vor Leuten zu sprechen? Oder was wäre mit anderen, ähnlichen Ängsten wie bspw. Angst vor dem Scheitern, Angst, nicht angenommen zu werden, Angst vor negativer Kritik? Auch hier gilt, die Angst wird weniger, wenn man sich ihr stellt. Doch wie kann die Hürde dazu geringer werden? Wichtig ist, sich zuerst einmal der Angst bewusst zu werden und zu akzeptieren, dass es sich dabei nur um die eigene individuelle Einschätzung einer Situation handelt, die nicht per se schwierig oder gefährlich ist. Was denkst du in einer solchen Situation, dass du dich so davor fürchtest? Oft verbergen sich hinter einer solchen Angst ganz viele negative Glaubenssätze - die Angst existiert sprichwörtlich nur im Kopf. Nehmen wir nochmals das Beispiel mit der Angst, vor vielen Leuten zu sprechen. Hier können Gedanken wie “Bestimmt vergesse ich meinen Text oder bringe kein Wort heraus” und “Vielleicht versagt die Technik”dahinterstecken. Doch was wäre das allerschlimmste Szenario? Und wie könntest du in genau dieser Situation damit umgehen, falls diese tatsächlich eintritt? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die einzelnen Worst Case Szenarien überhaupt eintreten? Oder welche davon kannst du selbst im Voraus beeinflussen? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Szenarien gleichzeitig eintreten? Je mehr du deine Ängste erkennst, die Fakten auf den Tisch legst und mit einer positiver Einstellung dagegen wirkst, desto gelassener wirst du. Und dann kannst du dich ganz locker der Angst stellen.
wrap up
Viele Ängste entstehen im Kopf. Steuerst du gezielt deinen negativen Gedanken entgegen und stellst dich der Angst, kannst du diese durchaus überwinden. Lass dich nicht von deinen Ängsten unterkriegen.
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